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Hans Dominik: Treibstoff SR

(1940)

Nach dem Krieg auch als "Fahrt in den Weltraum", 
meist aber als "Flug in den Weltraum"

Zu den obigen Abbildungen: Leinenausgabe im Verlag Scherl im 131.-160. Tsd. [1941] und SU dazu

Scherl [1943], Frontbuchhandelsausgabe für die Wehrmacht, auf dünnem Papier gedruckt und bereits nicht mehr in Frakturschrift. Pappband. Ohne Auflagenangabe.
Scherl [1943], Broschur, mit Bd. 2 gemeinsam durchgehend paginiert, 167.-178. Tsd., bereits nicht mehr in Frakturschrift gedruckt
Scherl [1943], Broschur. Die beiden Bände wurden zum gemeinsamen Verkauf offenbar in einen als Bauchbinde zusammengeklebten Schutzumschlag der Hardcoverausgabe eingeschoben. Ein solches Set liegt mir vor.

 

Dieser Dominik-Roman hat mich etwas überrascht. Vor vielen Jahren habe ich schon einige Romane dieses wohl bekanntesten und zu seiner Zeit erfolgreichsten Vertreters der deutschen SF des Zeitraums zwischen dem Erscheinen seines SF-Erstlings „Die Macht der Drei“ (1922) bis hin zum Jahr 1940, in dem dieser letzte Roman des Autors erschien, gelesen. Das waren „Die Spur des Dschingis Khan“ (1923), „Atlantis“ (1925) und „Befehl aus dem Dunkel“ (1933). Aus diesen Büchern habe ich Dominik als einen Autor in Erinnerung, bei dem es jeweils um gewaltige geopolitische Konflikte geht.
Ganz anders verhält es sich mit „Treibstoff SR“. Dass der Roman vom Erscheinungsjahr aus gesehen in der Zukunft spielt, das ist eigentlich nur an der Erwähnung von nicht näher beschriebenen Stratosphärenschiffen und einer kleinen Anzahl aus heutiger Sicht wenig auffälliger Details zu erkennen. Politik oder Krieg spielen überhaupt keine Rolle. Es geht um die Erzeugung von stark radioaktiv strahlendem Material und die Nutzung der Atomkraft als Antrieb für Strahlschiffe. Wie der Name es schon sagt, wird nicht die Energie aus Atomspaltung oder Atomfusion genutzt, sondern der Autor geht davon aus, dass der Strahlendruck so stark ist, dass damit Fortbewegungsmittel mit sehr großer Geschwindigkeit durch die Luft und auch ins All bewegt werden können. In vier Staaten arbeiten von Unternehmen bzw. einem wissenschaftlichen Institut finanzierte Forscherteams an diesem Gegenstand. Das sind zunächst einmal die zur Entstehungszeit des Romans als Achsensmächte miteinander verbündeten Länder Deutschland, Japan und Italien. (In den Nachkriegsausgaben, die den Titel „Flug in den Weltraum“ tragen, ist aus dem italienischen Team ein US-amerikanisches geworden.) Im ganzen Roman gibt es nur einen einzigen Bösewicht, und das ist lediglich ein namenloser Einbrecher in einer Nebenrolle, der zudem unverzüglich ein verhängnisvolles Schicksal erleidet. Ansonsten ist der Roman ein einziges Hohelied auf einerseits den Wettstreit der Wissenschaftler und Techniker, letztlich aber die internationale Zusammenarbeit und  gegenseitige Hilfe der Teams.
 
 
 

Johann-Schönleitner-Verlag, Wien 1950, Schutzumschlag. Textfassung noch mit dem italienischen Team
Gebrüder-Weiss-Verlag, Berlin - München 1950, Schutzumschlag
Sammelbilderalbum für 80 Bilder. 
Mit bearbeitetem Romantext. Margarinewerk Ostfriesland, Bremen (ca. 1955)

 

Überrascht hat mich auch, dass Dominik den Ruhm für die erste Mondumrundung und für die erste Landung auf dem Mond jeweils anderen Ländern zukommen lässt, obwohl das deutsche Forscherteam mit etwas mehr Risikobereitschaft die besten Chancen gehabt hätte, diese Großtaten für Deutschland zu reklamieren. Ich vermute, dass zu Lebzeiten des 1945 gestorbenen Autors so mancher Leser diese Details befremdlich fand.
Literarische Feinheiten darf man bei Dominik nicht erwarten, die SF-Idee des starken Strahlendrucks hat sich in der Realität bald als Irrtum erwiesen und hat allenfalls nostalgischen Reiz, aber die Handlungsführung hat mich doch bei der Stange gehalten und mir das Buch zu keinem Zeitpunkt langweilig werden lassen. Bemerkenswert finde ich, dass nicht etwa die Flüge zum Mond den Höhepunkt des Romans darstellen, sondern die Schilderung eines Rettungsmanövers in einem niedrigen Erdorbit in James-Bond-Manier.
Unter den 13 im Scherl-Verlag erschienenen SF-Romanen Dominiks ist „Treibstoff SR“ (188. Tsd. bis 1944) neben „Die Macht der Drei“ (190. Tsd. bis 1944) am erfolgreichsten gewesen, wobei es von "Treibstoff SR" zusätzlich noch eine Buchclub-Ausgabe gab. Nur hatte „Die Macht der Drei“ 18 Jahre länger Zeit gehabt, die angegebene Auflage zu erreichen. Der bis 1944 als Buch mit Abstand auflagenstärkste SF-Roman Dominiks waren allerdings "Land aus Feuer und Wasser" (1939. 252000 Expl. bis 1944). Dass dies trotz der kriegsbedingten Papierkontigentierung möglich war, hängt vermutlich auch damit zusammen, dass hier der Verleger von Hase besonders gute Verbindungen zur für die Papiervergabe zuständig gewesenen Stelle gehabt haben soll.
 

7 von 10 Punkten. Gelesen im Juni 2022

 
 
Ueberreuter-Taschenbuch 100, Wien 1966
Heyne-SF-Taschenbuch 3411. 
3. Auflage, 1977
Heyne-Verlag, München 1993. Taschenbuch

 

Ausstattungsvarianten der Dominik-Edition im Scherl-Verlag
Zweite Meinung gefällig? Die Rezension von Alexander Baumbach
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